Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620–1688) im Spiegel der polnischen Geschichtsschreibung
Jannis Karst M.A.
Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der ‚Große Kurfürst‘, zählt zu den bekanntesten Herrscherpersönlichkeiten der Frühen Neuzeit. Seine Person und Politik boten in Vergangenheit und bieten bis in die Gegenwart häufig Anlass zu historischen Untersuchungen.
Die preußisch-kleindeutsche Forschung inszenierte ihn in ihrer nationalen Lesart der Geschichte als einzigartige Gründergestalt, als Spiritus Rector, des brandenburgisch-preußischen Macht- und Verwaltungsstaates. Doch nicht nur die „borussische Schule“ erhob die Geschichte Brandenburg-Preußens und Friedrich Wilhelm zu ihrem Forschungsgegenstand. Aufgrund zahlreicher, oftmals negativer Einwirkungen Preußens auf Polen zeigte vor allem die polnische Geschichtsschreibung – sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart – ein außergewöhnliches Interesse an der Geschichte Preußens im Allgemeinen und an der Person und Politik Friedrich Wilhelms im Besonderen. Die entsprechenden Urteile fallen, insbesondere in der älteren polnischen Historiografie, häufig negativ und nicht selten sogar polemisch aus. Während die polnische Rezeption anderer prägender Gestalten der preußischen Geschichte (z.B. zu Friedrich II. oder Otto von Bismarck) wiederholt in den Fokus der deutschen historischen Forschung gerückt wurde, steht eine detaillierte Untersuchung zur Darstellung des ‚Großen Kurfürsten‘ in der polnischen Geschichtsschreibung zum jetzigen Zeitpunkt noch aus.
Dieses Desiderat greift das Dissertationsvorhaben auf. Es verfolgt das Ziel, die polnische historiografische Perspektive auf Friedrich Wilhelm zu analysieren. Eine Studie dieser Art vermag nicht nur die deutsche Forschung zu Friedrich Wilhelm zu vervollständigen, sondern kann auch einen Beitrag zur Vertiefung der deutsch-polnischen Wissenschaftskommunikation leisten.
Als Materialgrundlage dienen die Werke der polnischen Geschichtsschreibung und Publizistik aus dem Zeitraum vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Neben dem rezeptionsgeschichtlichen Zugriff wird methodisch auf das Konzept der Geschichtskultur zurückgegriffen, um allgemeinere Tendenzen des gesellschaftlichen Umgangs mit der preußischen Geschichte in Polen zu analysieren. Die geschichtskulturelle Komponente scheint vor dem Hintergrund der Geschichte Preußens als deutscher, aber auch polnischer Diskurs- und Erinnerungsraum besonders reizvoll.
Kontakt: jkarst[at]uni-bonn.de oder jannis.karst[at]gmail.com
Betreuer: Prof. Dr. Michael Rohrschneider