Bibliothèque Mazarine
Nicht nur mit Schwertern, auch mit dem Stift und der Presse wurden die als Fronde (1648-1653) bezeichneten Aufstände und Bürgerkriege in Frankreich ausgefochten. Denn zu dieser Zeit, in der Pamphlete der Meinungsbildung dienten oder die Ansichten der Bevölkerung zum Ausdruck brachten, ging aus dem Kampf der französischen Elite gegen Kardinal Mazarin eine eigene Quellengattung hervor: die sogenannten Mazarinades. Hierbei handelt es sich um Schmähschriften von zumeist vier bis acht Seiten, die sich gegen die Person Mazarins sowie gegen seine Politik wandten. In Form von burlesken Versen oder satirischer Prosa beschuldigten sie beispielsweise den Kardinal, eine Beziehung mit der Königin zu führen, oder verspotteten seinen italienischen Akzent. Das große Interesse an diesen Schriften zeigt sich darin, dass zwischen 5.000 und 11.000 dieser existierten.
Die Bibliothèque Mazarine sammelt zahlreiche dieser gedruckten Schriften, katalogisiert sie und stellt sie digital bereit. Des Weiteren finden sich jeweils kurze ergänzende Informationen, wie das Entstehungsjahr, der Autor oder eine materielle Beschreibung. Zudem können die in der Datenbank zur Verfügung gestellten Dokumente nach unterschiedlichen Kriterien gefiltert werden: Hierzu zählen das Land, in dem die Schmähschrift veröffentlicht wurde, oder die Sprache, in der sie verfasst wurde (Französisch, Deutsch, Italienisch, Latein).
Die Mazarinades liefern – ähnlich wie Tagebücher – einen ungeschliffenen Einblick in den Geist der Fronde und eignen sich bestens für mentalitätsgeschichtliche Fragen. Darüber hinaus stellen sie eine spannende Quelle zu den Themen Aufstand und Revolte, zur Elitenkultur oder zur Stigmatisierung von Einzelpersonen dar.
Für Historiker*innen und für Interessierte lohnt sich ein Blick in jedem Fall!
Autor*in: K. Stuhldreher