Zwischen Hitler und Stalin: Der Zweite Weltkrieg und die Dekade der Gewalt in Osteuropa 1939-1949

 
Der rassenideologisch bedingte Krieg der Deutschen konfrontierte die Menschen in Osteuropa mit einer beispiellosen Dimension von Grausamkeit. Der Überfall auf Polen war der Auftakt zum Vernichtungskrieg, dem sechs Millionen Polen zum Opfer fielen, und mit der „Operation Barbarossa“ am 22. Juni 1941 begann der Raub- und Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion, der 27 Millionen Menschen das Leben kostete. Doch auch die Erfahrungen der besetzten Völker Osteuropas waren unterschiedlich. Die Politik gegenüber „Slawen“ – Polen, Ukrainern, Belarussen, Russen – nahm genozidale Züge an; für die jüdische Bevölkerung der Sowjetunion bedeutete der deutsche Überfall den Anfang des systematischen Massenmords – des „Holocaust durch Kugeln“.

Spätestens seit dem paradigmatischen Werk von Timothy Snyder „Bloodlands. Europa zwischen Hitler und Stalin“ (2010) ist der Vergleich zwischen NS- und Stalinregime für das Referieren der Geschichte des Zweiten Weltkrieges geboten. In Snyders Studie geht es um verschiedene mörderische Ereigniskomplexe, die auf das Konto von beiden Führern gehen: Hungersnot in der Ukraine, Großer Terror, Holocaust, Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung in den deutsch besetzten Gebieten, ethnische Säuberungen der Nachkriegszeit und antisemitischer Kampagnen. Diese Strukturen der Gewalt werden als Ergebnis der Überlappung beider verbrecherischen Systeme interpretiert, die Unterschiede nivelliert.

Dieses Konzept wollen wir im Hauptseminar kritisch überdenken und darüber sprechen, wie die Vorerfahrungen aus der sowjetischen Zeit das Kriegs- und Gewaltgeschehen auf den deutsch besetzten Gebieten beeinflussten. Es wird nicht nur um die Kriegsgeschichte als Sozialgeschichte gehen, sondern auch um die Fragen der Erinnerungskultur in Deutschland und Osteuropa.

 

Studienleistung: Referat (kurzer Input, Vorstellen einer Quelle)

Prüfungsleistung: je nach Studiengangsmodu

Hauptseminar

Prof. Dr. Katja Makhotina

Montags, 12 Uhr c.t. - 14 Uhr c.t.

Erste Sitzung 07.10.2024

Letzte Sitzung
27.01.2025


Adenauerallee 4-6, 53113 Bonn
Raum 3.010

Literatur/Handapparat

  •  Timothy Snyder, Bloodlands. Europa zwischen Hitler und Stalin. Aus dem Englischen von Martin Richter, München 2011.
  • Franziska Davies, Katja Makhotina: Offene Wunden Osteuropas. Reisen zu Erinnerungsorten des Zweiten Weltkrieges. Darmstadt 2022.
  • Omer Bartov. Erased. Vanishing Traces of Jewish Galicia in Present-Day Ukraine. Princeton 2007.
  • Thomas Sandkühler: Das Fussvolk der Erlösung. Nichtdeutsche Täter und die europäische Dimension des Völkermords. Darmstadt 2020.
  • John-Paul Himka. Ukrainian Nationalists and the Holocaust. ibidem Verlag 2021.
  • Jelena Subotic. Yellow Star, Red Star. Holocaust Remembrance after Communism. Cornell University Press. Ithaca and London 2019.
  • Enzo Traverso: Geschichte als Schlachtfeld: zur Interpretation der Gewalt im 20. Jahrhundert. Köln 2014.
  • Ekaterina Makhotina: Erinnerungen an den Krieg – Krieg der Erinnerungen. Litauen und der Zweite Weltkrieg. Göttingen 2017.
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