Lehre WiSe 2023/24

Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2024

Prof. Dr. Martin Aust

Hauptseminar:                                                                                             Deutsche Osteuropabilder 18. - 21. Jahrhundert

Das Hauptseminar behandelt zentrale Quellen aus dem 18. bis in das frühe 21. Jahrhundert, die entweder den deutschen Blick auf das östliche Europa widerspiegeln oder ihn kritisch reflektieren. Zur kritischen Reflexion zieht das Seminar auch Texte polnischer, ukrainischer und russischer Autorinnen und Autoren in deutscher Übersetzung heran, die sich zum Verhältnis ihrer Länder zu Deutschland im weitesten Sinn geäußert haben. Zu den Quellengattungen, die das Seminar untersucht, zählen Reiseberichte, Romane, Erinnerungstexte und Essays.
 

Übung:
Quellenlektüre Osteuropäische Geschichte

Die Übung dient der Vertiefung von Sprachkenntnissen des Polnischen, Ukrainischen und Russischen zum Zweck der Übersetzung von wissenschaftlichen Texten und Quellentexten im Geschichtsstudium. Ein Einstieg kann im Übergang von A1 zu A2-Kenntnissen der jeweiligen Sprache stattfinden. Die Übung teilt sich in drei interne Arbeitsgruppen zu den drei Sprachen auf. Im Sommersemester 2024 stehen Quellen aus dem 20. Jahrhundert auf dem Programm. Neben Textquellen behandelt die Übung auch audiovisuelle Quellen und. Auch die Frage nach dem Umgang mit digitalen Übersetzungsprogrammen in einer quellenorientierten Geschichtswissenschaft wird in das Programm integriert.

Vorlesung:
Deutschland und das östliche Europa 1648-2022

 
Bis zum 24. Februar 2022 wollte die deutsche Außenpolitik sich die Risiken ihrer Osteuropapolitik nicht eingestehen. Der politische Glaube, die Grundsätze von Entspannung und Kooperation aus der neuen Ostpolitik der sozialliberalen Koalition der frühen 1970er Jahre seien von Breschnjews Sowjetunion auf Putins Russland übertragbar, hielt sich hartnäckig bis zu dem Tag, an dem Russland seinen Krieg gegen die Ukraine auf das ganze Land ausweitete. Erst seit dem 24. Februar 2022 kam der Russozentrismus der deutschen Osteuropapolitik des frühen 21. Jahrhunderts auf den Prüfstand. Vor diesem Hintergrund handelt die Vorlesung von den vielfältigen Beziehungen Deutschlands zu Ländern und Gesellschaften im östlichen Europa von der Mitte des 17. Jahrhunderts bis in das frühe 21. Jahrhundert. Mitte des 17. Jahrhunderts war die deutsche Russlandnähe nicht am Horizont sichtbar. Das Moskauer Russland war ein fernes und fremdes Land. Die Grenze des Heiligen Römischen Reiches zur Adelsrepublik Polen-Litauen war stabil und friedlich. Beides änderte sich im 18. Jahrhundert mit dem Aufstieg Preußens zu einer europäischen Großmacht. Im Bund mit Russland und dem Habsburgerreich teilte Preußen im späten 18. Jahrhundert Polen-Litauen in einem beispiellosen Akt auf. Die preußische und seit 1871 deutsche Mächtepolitik und der literarisch-künstlerische Austausch mit dem Zarenreich begründeten im 19. Jahrhundert den deutschen Russozentrismus. Im 20. Jahrhundert ging daraus der deutsche Russlandkomplex hervor, der Ängste und Sehnsüchte auf die Sowjetunion projizierte. Mit ihm korrespondierten Verachtung für die Staaten und Gesellschaften im östlichen Mitteleuropa. Der Nationalsozialismus stellte den deutschen Versuch dar, sich in einem Angriffs- und Vernichtungskrieg das gesamte östliche Europa untertan zu machen. Die Hegemonie der Sowjetunion über das östliche Mitteleuropa im Kalten Krieg bestärkte den russozentrischen Blick der Bundesrepublik Deutschland nach Osten. Die Vorlesung zeichnet diese Etappen nach bis zu den Wandlungen in unserer Gegenwart im Angesicht von Russlands Krieg gegen die Ukraine

Kolloquium:
Kolloquium zur Geschichte Osteuropas

Das Kolloquium ist Werkstatt und Wohnzimmer der Bonner Osteuropäischen Geschichte in einem. Hier besteht die Gelegenheit, laufende Bonner Arbeiten wie BA-Arbeiten, MA-Arbeiten und Dissertationsprojekte vorzustellen. Auswärtige Gastvorträge bereichern das Programm. Zugleich soll ggf. Raum sein für die Diskussion von Fragen, die Russlands Krieg gegen Ukraine für die Osteuropäische Geschichte in Deutschland aufwirft.


Prof. Dr. Béla Bodó

Hauptseminar:                                                                                                               Die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs/The Impact of the First World War

Dieser Kurs untersucht die kurz- und langfristigen Folgen des Ersten Weltkriegs in einem europäischen und globalen Kontext. Wir werden Bücher und Artikel lesen und so wichtige Themen diskutieren wie: den Zusammenbruch des russischen, österreichisch-ungarischen, osmanischen und deutschen Reiches; die Russische Revolution; Friedensstiftung in Paris; Bürgerkriege und ethnische Konflikte nach dem Ersten Weltkrieg; "die Kultur der Niederlage – Revanchismus, Antisemitismus und der Aufstieg der radikalen und faschistischen Rechten; die spanische Grippe; soziale und psychologische Probleme im Zusammenhang mit der Demobilisierung von Soldaten; militärmedizin; das Schicksal verwundeter Kriegsveteranen und Soldaten nach dem Ersten WeltkriegFrauenwahlrecht und das Leben der Frauen während und nach dem Ersten Weltkrieg; Inflation, Reparation und der Zustand der Weltwirtschaft zwischen 1919 und 1945; Militärtechnik und moderne Kriegsführung nach 1914; das Schicksal von Imperien und der Beginn der Entkolonialisierung; Klassische Moderne, Avantgarde-Kunst und Politik; Periodisierung; Erinnerung und Gedenken in Filmen, Literaturen und Denkmälern.

Es ist ein komplett zweisprachiger Kurs. Es steht den Studierenden frei, Fragen zu stellen oder zu beantworten und ihre Hausarbeit in der Sprache ihrer Wahl zu schreiben: entweder auf Deutsch oder Englisch. Die Kenntnis der anderen europäischen Sprachen und die Fähigkeit, Primär- und Sekundärquellen in anderen Sprachen zu verwenden, sind willkommen und erwünscht, aber nicht Teil der Kursanforderung

Übung:

Die Geschichte der ethnischen Minderheiten in Osteuropa von 1800 bis heute/The History of Ethnic Minorities in Eastern Europe from 1800 to the Present

This course will examine the political and social history of ethnic minorities in Eastern and East-Central and South-Eastern Europe from the rise of nationalism and nation states in the nineteenth and early twentieth century until today. The focus of this course will be on political and ideological history; we will examine such important questions and explore issues as: the development of national consciousness; the changing legal status of ethnic minorities in empires and nation states; ethnic parties and political mobilization; accommodation and resistance; the issue of cultural and political autonomy and ethnic conflicts in the context of wars. However, students will also have the chance to discuss social and cultural issues, such as: social mobility and urbanization and their impact on the lives of ethnic minorities; discrimination on the labor market and in the cultural and political arenas; forced assimilation; gender and ethnicity; the development of ethnic institutions from schools to newspapers, theaters and films and their role in identify formation; the spread and changing nature of ethnic stereotypes, and harmony and conflict in everyday life. The course will pay special attention to the role of minority issues in interstate and international relations, and to the importance of international institutions, such as the League of Nations, the United Nations and the European Union to settle ethnic disputes, create the legal frame for the protection of minority rights and enforce their will and decisions. The main goal of this course is to provide students with the historical understanding of the nature of nationalism and ethnic conflicts in the twentieth century and with the background information and skills necessary to develop a nuanced view of minority issue in the region today.

This is a completely bilingual course. Students are free to ask or respond to questions and write their final exam in German or in English. The knowledge of East European languages and the ability to use of primary and secondary sources in these languages are welcome and desired; however, they are not part of the course requirement.

Übung:
Geschichte der Habsburgermonarchie von 1815 bis 1924

Dieser Kurs untersucht wirtschaftliche, kulturelle und politische Entwicklungen in der multiethnischen, liberalen und in den letzten Phasen ihrer Geschichte zunehmend demokratischen österreichisch-ungarischen Monarchie. Der Kurs vergleicht die Modernisierung in Österreich-Ungarn mit wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen in anderen europäischen Ländern und diskutiert, ob imperiale Rahmenbedingungen und ethnische und religiöse Vielfalt die Urbanisierung und Industrialisierung in Ostmitteleuropa behindert oder gefördert haben. Der Kurs widmet sich besonders dem Aufstieg der Bourgeoisie und der Arbeiterklasse und ihrem Kampf für Gleichheit und politische Repräsentation; die politische Mobilisierung kleinbürgerlicher Gruppen wie Krämer, Handwerker und Bauern sowie die Gründungen und frühen Erfolge christlich-sozialer und antisemitischer Parteien. Der Kurs wird Hochkultur (Architektur, Malerei; klassische Musik; Literatur usw.) und Populärkultur (Zeitungen, Sport, Massenunterhaltung) sowohl als Produkt ethnischer Vielfalt als auch als Waffe in den Händen der nationalistischen Eliten untersuchen, die zur Untergrabung des Imperiums verwendet werden, als auch als Mittel, um Spannungen zwischen ethnischen und religiösen Gruppen abzubauen. Schließlich untersucht der Kurs die Außenpolitik der österreichisch-ungarischen Monarchie; seine Rolle als Brücke zwischen West und Ost (Deutschland und Russland) und zwischen Nord und Süd (Europa und Osmanisches Reich); sowohl als stabilisierender Faktor in den internationalen Beziehungen als auch als Hindernis für Selbstbestimmung und nationale Unabhängigkeit. Ob die Doppelmonarchie zum Scheitern verurteilt war und sich im Wesentlichen selbst zerstörte, oder ob sie von äußeren Mächten zerstört wurde, indem sie einen der schlimmsten Fehler in der internationalen Politik des zwanzigsten Jahrhunderts machte, ist Gegenstand dieses Kurses.


Maria Timofeeva M.A.

Übung:
Frauenbewegung und Frauenbilder im Russischen Kaiserreich und der Sowjetunion: Von Mitte des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts

Die Modernisierungsprozesse in den europäischen Staaten führten seit Mitte des 19. Jahrhunderts zu den zahlreichen sozialen und kulturellen Veränderungen, darunter auch zur Herausbildung der Frauenbewegung. Auch das Zarenreich war trotz der konservativen Weltanschauung eines erheblichen Teils der Gesellschaft von diesen Entwicklungen betroffen. Die Revolution von 1917 bildete eine neue Etappe in der Geschichte der Frauenemanzipation in Russland, indem sie die Frauen in ihren Rechten den Männern gleichstellte, gleichzeitig brachte sie auch neue Herausforderungen mit sich.

Im Seminar wird im Rahmen der Geschlechtergeschichte der Wandel der rechtlichen und sozialen Stellung der Frauen in Russland auf dem Weg in die Moderne diskutiert. Dabei werden folgende Fragen angegangen: Wie veränderten sich die Vorstellungen von der gesellschaftlichen Rolle der Frau im öffentlichen Diskurs und wie spiegelten sie sich in der Kunst wider? Welche Rolle spielten dabei soziale Unterschiede? Wie nahmen Frauen Einfluss auf die Politik im Russischen Reich und der Sowjetunion?


Dr. Tatiana Khripachenko

Übung:
From Contributor to Disruptor: Russia's Approaches to International Law in the 20th and 21st centuries

With the full-scale invasion of Ukraine in 2022 Russia dramatically committed a crime of aggression that Soviet lawyer Aron Trainin introduced into a framework of international criminal law. A year later, following a scrutinized investigation of Russia’s war crimes in Ukraine, the International Criminal Court (ICC) issued an arrest warrant against Vladimir Putin, charging him of an illegal transfer of children during the war – a charge which implicitly refers to a crime of a genocide. These developments present a complete reversal from previous Russian contributions to the global international law: the role of the Soviet Union in establishing the Nuremberg justice in 1945, Russia’s convening the First and the Second Hague Peace Conferences of 1899 and 1907, or the attempts of Russian émigré international lawyers, particularly André Mandelstam, to promote the idea of universal human rights in the1920s and 1930s. This course traces the evolution of Russian theories and practices of international law in the 20th century until the present time. It will consider recent legal and historiographic debates on ruptures and continuities in Russia’s legal thought, Russia’s contributions and violations of international law, as well as its political uses and abuses of international law.


Hera Shokohi M.A.

Übung:
HASS. Gewaltgeschichte Ost- und Westeuropas im 20. Jahrhundert

HASS

Substantiv, maskulin [der]

feindselige Abneigung, starkes Gefühl der Ablehnung und Feindschaft. Tiefer, wilder, wütender, bitterer, blinder, tödlicher, maßloser, unversöhnlicher Hass. Alter, angestammter, eingefleischter, heimlicher, versteckter, gerechter, wohlbegründeter Hass.

Das 20. Jahrhundert ist geprägt von politischen Extremen und systematischer Gewalt. Kolonialismus, Faschismus, Nationalsozialismus und Stalinismus waren Bewegungen und Ideologien des 20. Jahrhunderts, die verschiedene Facetten der Gewalt mit sich brachten. Der Faschismus, insbesondere in seiner deutschen Spielart des Nationalsozialismus, war geprägt von einer radikalen und rassistischen Vernichtungs- und Ausbeutungsideologie. Der Kolonialismus und die systematische Rassifizierung von Schwarzen Menschen führte zur Ausbeutung und Ermordung indigener Bevölkerungsgruppen. Der Stalinismus, der die Höhepunkte seiner Gewalt in Hungersnot, Lagerinhaftierung und Säuberungswellen fand, nahm den Tod von Millionen Menschen willentlich in Kauf.

Doch dann gibt es den anderen Hass: Den Hass „von unten”; die Rache und den Widerstand: Abba Kovner, der mit der jüdischen Partisan:innenorganisation Nakam Rachepläne gegen die Nazis schmiedete; sowjetische Partisan:innen, die während des Zweiten Weltkriegs die Kriegsführung der Nazis sabotierten und gegen sie kämpften; die Maji-Maji-Bewegung in der Kolonie Deutsch-Ostafrika, die sich der Kolonialherrschaft widersetzten, die kommunistischen und antifaschistischen Widerstandsgruppen der italienischen Resistenza.

Was ist der Hass — wo kommt er her und was kann er bewirken? In dem Seminar beschäftigen wir uns mit der Geschichte von Emotionen und Gewalt. Epochenübergreifend und transnational schauen wir uns Phänomene wie Rache, Widerstand, Nationalismus, Faschismus und Partisan:innen in Ost und West an. Die Themen werden neben der Perspektive der Geschichtswissenschaft auch aus kulturwissenschaftlicher und philosophischer Perspektive beleuchtet.


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