Hier finden Sie eine Übersicht über die aktuellen Forschungsprojekte an der Abt. Historische Grundwissenschaften und Archivkunde:
Rheinisches Urkundenbuch digital – Werden
Urkunden spielen im Rahmen der Erforschung des europäischen Mittelalters eine zentrale Rolle, da sie eine wichtige, oft auch einzigartige Quellenart zur Rechts-, Wirtschafts-, Sozial- und Kulturgeschichte darstellen. Dies gilt auch für den rheinischen Raum, der eine große Bandbreite früh- und hochmittelalterlicher Urkunden bietet: Als Aussteller treten Herrscher und Päpste auf, aber auch geistliche und weltliche Herrschaftsträger wie Bischöfe, Äbte/Äbtissinnen, Herzöge/Herzoginnen oder Grafen/Gräfinnen. Allerdings sind diese Urkunden bei genauerem Hinsehen nicht immer das, was sie zu sein vorgeben: Nicht wenige der überlieferten Dokumente wurden gefälscht, um einen bestimmten Rechtstitel zu „beweisen“; dabei bedienten sich die Fälscher teils sogar echter Vorlagen. Oft liegen die Texte in einer nur schwer rekonstruierbaren Überlieferung vor, die vielfältige Überlagerungen von „echt“ und „falsch“, „Original“ und „Abschrift“ offenbar werden lässt. Damit müssen nicht nur die Texte, sondern auch ihre Materialität in den Blick genommen werden.
Nach Urkunden vor allem aus dem Trierer Raum werden nun die Urkunden des Klosters Werden (heute ein Stadtteil von Essen) editiert. Sie werden auf ihren Wortlaut, aber auch ihre Materialität hin untersucht und in ihren historischen Zusammenhang eingeordnet. Die Ergebnisse des Projekts werden in Form einer digitalen Edition in Verbindung mit dem Internetportal „Rheinische Geschichte“ zur Verfügung gestellt. Damit sollten die Urkunden nicht ausschließlich zur wissenschaftlichen Nutzung zugänglich gemacht werden, sondern auch für anderweitig Interessierte sowie für die Arbeit im Schulunterricht aufbereitet werden. Deshalb wird einigen ausgewählten Urkunden auch eine deutsche Übersetzung beigefügt. Begleitende Veröffentlichungen sowie eine digitale Ausstellung sollen die im Projekt erarbeiteten Ergebnisse in den Kontext pragmatischer Schriftlichkeit im Mittelalter einordnen.
Viele der das Rheinland betreffenden Urkunden liegen immer noch in veralteten, oft auch unkritischen Drucken vor. Mit dem von ihm im Auftrag der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde bearbeiteten „Rheinischen Urkundenbuch“ wollte Erich Wisplinghoff (†1999) zumindest die frühen Urkunden bis zum Jahr 1100 in einer modernen, wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden Edition herausgeben. Nach dem Erscheinen der ersten beiden Bände (1972, 1994) konnte dieses Vorhaben jedoch nicht weitergeführt werden. Insofern harren viele aufschlussreiche Urkunden weiter ihrer wissenschaftlichen Erschließung.
Deshalb hat sich das von der Abteilung für Historische Grundwissenschaften und Archivkunde des Instituts für Geschichtswissenschaft an der Universität Bonn gemeinsam mit dem LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, Abteilung Geschichte und LVR-Kulturhaus Landsynagoge Rödingen erarbeitete Projekt „Rheinisches Urkundenbuch digital“ zum Ziel gesetzt, dieses für die Erforschung der rheinischen Geschichte zentrale Editionswerk fortzusetzen. Kooperationspartner ist nun auch das Haus der Essener
Geschichte/Stadtarchiv und die Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde.
Zwischen Regional- und Universalgewalt: Die Gründungsurkunden mitteleuropäischer Universitäten des Spätmittelalters
Bei diesem Projekt geht es um die Weiterentwicklung der spätmittelalterlichen Diplomatik am Beispiel der Gründungsdokumente für Universitäten bis ins 16. Jahrhundert und die Anwendung diplomatischer Arbeitsweisen auf Fragen der Universitäts- und Wissensgeschichte. Dabei bilden nicht, wie üblich, kanzleigeschichtlich ein Aussteller oder der Empfänger der Urkunden den Ausgangspunkt der Überlieferung. Stattdessen wird gefragt, wie gehen Aussteller damit um, wenn es eine konkrete Aufgabe zu bewältigen gilt, in konkreten Fall die Gründung einer Universität. Dies scheint insbesondere für die spätmittelalterliche Diplomatik, die bislang meist im Schatten des frühen und hohen Mittelalters gestanden hat, ein vielversprechender möglicher Ansatz zu sein, um die Leistungsfähigkeit spätmittelalterlicher Urkunden sowohl als Rechtsdokumente für den Empfänger als auch als Instrumente der Herrschaftsrepräsentation für den Aussteller zu untersuchen. Im Zentrum stehen die Urkunden für die mitteleuropäischen Universitäten im „Reich“, die zwischen 1348, Prag, und 1502, Wittenberg, gegründet wurden.
Edition und Publizierung der Urkundensammlung des Instituts für Geschichtswissenschaft
Das Institut für Geschichtswissenschaft verfügt über eine umfangreiche Sammlung von mehr als 100 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Papst-, Herrscher- sowie Privaturkunden diverser Aussteller aus unterschiedlichen Regionen Europas. Diese Sammlung wurde und wird als Anschauungsmaterial für grundwissenschaftliche Lehrveranstaltungen des Instituts genutzt. Eine Verzeichnung steht anders als bei anderen universitären Sammlungen dieser Größenordnung, wie der des Historischen Seminars der Humboldt-Universität Berlin, bislang noch aus.
Um diesen Bestand für die historische Forschung zugänglich zu machen, werden die Urkunden derzeit beschrieben, transkribiert und kritisch aufgearbeitet. Geplant ist eine digitale Edition der einzelnen Stücke.
Digitale Abbildungen der Urkunden samt Regesten (teils auch Transkriptionen) sind bei monasterium.net hochgeladen.
,Kleine‘ und ,Große Welten‘ im Rheinland der Vormoderne. Agency und asymmetrische Herrschaftskommunikation in lokaler Perspektive
Ein epochenübergreifend angelegtes Forschungsvorhaben, das am Institut für Geschichtswissenschaft erarbeitet wird und die intensiven Forschungen der vergangenen Jahre an der Universität Bonn zum Thema „Herrschaft“ um eine rheinische Perspektive erweitern soll. Es handelt sich um ein Gemeinschaftprojekt zwischen der Abteilung für Historische Grundwissenschaften und Archivkunde und der Abteilung für Geschichte der Frühen Neuzeit und Rheinische Landesgeschichte.
Weitere Informationen zu den Teilprojekten finden sich auf der Projektseite.